Mittwoch, 30. September 2015

Theater, Festival, Orientierungslosigkeit & Co.; The UK Experience # 5




Ich wurde gebeten, mal wieder etwas richtig handfestes zu schreiben. Ich weiß zwar nicht, wie ein Text handfest sein kann, aber versuchen kann ich es ja mal.
Also: Was ist denn in der letzten Zeit so alles passiert? Mhhh… gar nicht so einfach, ich weiß wirklich nicht, wo ich anfangen soll.
Das erste, was mir so direkt einfällt, ist, dass Leonie – auch Au Pair aus Deutschland – quasi direkt neben mir wohnt. Mit ihr verstehe ich mich richtig gut, und das ist einfach ziemlich toll, denn so können wir auch spontan hier etwas in unserer Stadt unternehmen. Wir waren zum Beispiel schon gemeinsam in der Bibliothek, oder in einem wirklich süßen Cafe ein Stück Kuchen essen. Mit ihr macht das entdecken der Stadt noch so viel mehr Spaß, denn über abgezäunte Kuhweiden laufen und Trampelpfade erkunden macht uns beiden nichts aus.
Eigentlich wollten wir beide auch einen Stepptanzkurs an unserem kleinen College belegen, aber leider mussten wir feststellen, dass dieser gestrichen wurde, da sich zu wenig Teilnehmer gemeldet hatten. Ein wenig enttäuscht liefen wir durch die Stadt zurück, als unser Blick auf das örtliche Theater fiel. Dieses Amateurtheater spielt etwa jeden zweiten Monat ein Stück für eine Woche, und zu unserem Glück lief gerade „I have been there before“ von J B Priestley. Ganz spontan entschieden wir uns also für einen Besuch in diesem, doch ziemlich englischen Theater, was im Nachhinein auch wirklich die richtige Entscheidung gewesen ist. Wir wurden freundlich begrüßt und natürlich sofort wieder gefragt, von wo wir denn her kämen (den deutschen Akzent müssen wir unbedingt noch ablegen). Als die Platzzuweiser festgestellt hatten, dass Deutschland unsere Heimat ist, mussten sie uns sofort mitteilen, dass eine der Hauptpersonen des Stückes – Dr. Görtler – ein Arzt aus Deutschland sei. Es war wirklich sehr amüsant zu sehen, wie Engländer versuchen mit deutschem Akzent zu sprechen, aber das können wir tatsächlich doch ein bisschen besser.
Ansonsten bin ich diese Woche das erste Mal ein wenig länger Auto gefahren, als bis nur zum Klavierunterricht. Ich weiß nicht, aber irgendwie ist das schon eine sehr hohe Kunst.
Ich sollte meine Kleine zur Bandprobe der Großen bringen, da dort der Vater auf sie wartete. Den Weg wusste ich nicht, meine Gasteltern hatten mir nur eine Karte ausgedruckt. Das kleine Problem war aber, dass man beim Autofahren zur Hauptverkehrszeit auf dreispurigen Straßen und linker Seite mit einem kleinen, quatschenden Beifahrer nicht sonderlich gut Karten lesen kann. Das Ergebnis war also, dass ich falsch abgebogen bi n (eigentlich ja nicht weiter schlimm), aber als Clara das feststellte, ist sie so stark in Tränen ausgebrochen, dass englischer Regen im Vergleich nur ein kurzer Schauer ist. Meine Güte. Aber mit Goolge-Maps haben wir schlussendlich doch noch den richtigen Weg gefunden, und für diese Woche kenne ich dann hoffentlich auch die richtige Richtung.
Ansonsten habe ich mittlerweile herausgefunden, wie ich den Kindern am Besten ein wenig Deutsch beibringe- das wollen nämlich die Eltern. Jeden Donnerstag (das ist der einzige freie Nachmittag der Kinder) gibt es für jeden eine halbe Stunde Fremdsprachenunterricht- ihr wisst gar nicht, wie schwer das ist. Momentan lernen wir nur Vokabeln, denn Strukturen und Grammatik kindgerecht zu erklären, kann ich leider nicht. Ich wüsste auch gar nicht, wo ich da anfangen soll. Aber immerhin können beide schon bis hundert zählen. Am Donnerstag ist außerdem immer Babysittingnight, das heißt, dass ich die Kinder ins Bett bringen darf. Das ist einzige Tag in der Woche, wo ich sie fünf Stunden hintereinander beschäftigen muss- das ist wirklich anstrengend, obwohl sie auch eigene Spielideen haben. Beide lesen sehr gerne und viel, aber natürlich auch nicht den ganzen Nachmittag. So waren wir dann noch auf dem Spielplatz, in der Bibliothek (übrigens mein Lieblingsplatz zum Lernen und Hausaufgaben machen) und haben angefangen Stofftaschen zu bemalen, was ihnen auch wirklich Spaß gemacht hat. Nur ich war danach ein bisschen angeschlagen, weil mir bewusst war, wie viel dieses ganze Stoffmalzeug gekostet hat, und wie schnell sie mit ihrer Kreativität doch am Ende waren- aber gut, das sollte ich wohl einfach akzeptieren.
Vom Wochenende brauche ich nicht viel zu berichten, denn obwohl ja dieser handfeste Text hier erwünscht war, gibt es doch auch ein kleines Video.
Am Sonntag war ich dann das erste Mal in der Kirche hier in Marple. Es war wirklich ein richtig gutes Gefühl wieder in den Gottesdienst gehen zu können, das hat mir echt gefehlt. Ich glaube, dass es eine eher freikirchlich angehauchte Gemeinde ist, denn daran hat mich der Gottesdienst zumindest erinnert. Die Menschen waren sehr offen und sind direkt auf mich zugekommen, haben mich gefragt, woher ich denn komme und ob ich jetzt öfter hier bin. Meine Banknachbarin, Elaine, hat sich auch direkt verantwortlich für mich gefühlt. Sie half mir die Wilkommenskarte für „Frischlinge“ auszufüllen & nahm mich auch nach dem Gottesdienst noch mit zum Gemeindekaffee, wo sie mir auch den Pfarrer und andere Menschen vorstellte. Das schönste des Tages war aber wirklich, als sie mir sagte, dass die Kirche für dieses Jahr zu meiner neuen Familie werden könnte- da war ich echt glücklich.
Jetzt besuche ich auch noch 10 Wochen lang den sogenannten „Alpha-Course“, wo sich Interessierte einmal die Woche Abends zum Essen treffen und über wichtige Fragen des Lebens diskutieren: „Does God exist?“ … „Is there life after death?“ … „Why do bad things happen to good people?“ … “How do I connect with God?” … “How can I find a life with meaning and purpose?”
Gestern war ich das erste Mal dort, und bin ziemlich begeistert. Nach einem gemeinsamen Essen hat der Speaker einen etwa 20 minütigen Input gegeben (Es ging um Jesus Christus, das Brot der Welt. Kurz gesagt: Wir können so viel essen, wie wir wollen, trotzdem haben wir immer noch ein Loch in unserem Magen, welches nur mit Jesus gefüllt werden kann. Wir können alles im Leben besitzen, aber nur mit Jesus können wir Erfüllung erleben und glücklich sein.- War wirklich sehr gut, ich könnte hierzu einen eigenen Post schreiben. Die Metaphern- Wahnsinn!), danach diskutierten wir in kleineren Gruppen. Wobei ich erst mal nur zugehört habe, denn – obwohl ich zwar fast alles verstanden habe – fällt es mir doch etwas schwer sich auf so hohem Niveau zu unterhalten. Aber erstmal Respekt an mich, dass ich es verstanden habe- hätte ich gar nicht gedacht :D .
So, jetzt noch einmal ganz kurz zu meiner Mitgliedsschaft im Theater, denn leider warten noch etwa 10 Herrenhemden auf dem Bügeleisen auf mich. Nach dem mir der Theaterbesuch wirklich gefallen hat, habe ich eine membership beantragt, die ich am Montag nun unterschrieben habe. Ich weiß zwar noch nicht ganz genau, was jetzt so auf mich zukommt, aber ich freue mich, dass ich ab sofort im Theater tätig sein darf. Wahrscheinlich erst mal „nur“ Karten verkaufen oder an der Bar kellnern- aber trotzdem freue ich mich. Heute Abend ist ein Treffen, wo die Schauspieler das neue Stück vorlesen und anschließend den neuen Direktor wählen- da darf ich dabei sein, ich bin sehr gespannt.
Ich hoffe nun, dass die Geister der langen Texte erst einmal begnügt sind, denn mittlerweile ist es schon echt spät. Bis bald!


Montag, 21. September 2015

Peak District - Küheschubsen & Co.; The UK Experience # 4

Da sich meine Schreiblust gerade etwas in Grenzen hält, habe ich von dem Wochenendausflug in den Peak District nur kleines Video zusammengeschnitten.
Auf einer 11,2 km langen Strecke ging es von Castleton nach Castleton, aber trotzdem konnten wir auf dem Weg viel mehr erblicken als das - allerdings auch wunderschöne - Dorf.
Dieses Mal schreibe ich übrigens tatsächlich rechtsmäßig in der "Wirform" - auf die Reise machten sich nämlich insgesamt 6 Mädels, die sich in der Sache gleich sind, dass sie alle erst seit kurzen in oder um Manchester wohnen.
 
Als kleine "Zugabe" gibt es hier noch ein paar Bilder - sonst kommt mir dieser Post für meine Verhältnisse doch recht kurz vor, obwohl das Video auch nicht wenig Arbeit war :D ...




Dienstag, 15. September 2015

Angekommen: Die ersten Wochen; The UK Experience # 3


1. September
Time to say goodbye! Nachdem ich am Montag fleißig meine beiden Koffer gepackt habe, klingelte der Wecker an diesem besonderen Tag schon etwas zeitig. Um 3.20 Uhr durfte mein verschlafenes Ich das letzte mal sein Bett in Deutschland verlassen und noch die restlichen Sachen zusammenpacken.
Eigentlich hätte ich vermutet, dass ich aufgeregt sein würde, aber irgendwie prägte mich zu dieser Zeit gar kein Gefühl, was wirklich sehr merkwürdig war. Na ja, um die Wahrheit auszusprechen fast kein Gefühl. Jedenfalls keines, welches mit meinen Abschied zu tun hatte, denn das einzige Problem, was sich vor mir auftat, war der fehlende Verschluss meiner Armbanduhr, die ich leider nun leider nur in Bruchstücken mitnehmen konnte.
Zusammen mit meinem Flugkoffer, einem Handgepäckskoffer, meiner Handtasche und meiner Mum sowie deren Freundin fuhren wir gegen 4.30 Uhr zum Flughafen, wo ich mich ganz unspektakulär und ohne Tränen verabschiedete. Ehrlich gesagt war ich schon seit zwei Tagen mit meinem Abschied durch, denn den letzten Tag hatte ich eigentlich nur mit Kofferpacken verbracht- der Abschied, vor allem von Freunden, war somit schon vorüber.
Tatsächlich hatte dann auch wirklich alles mit meinem Flug geklappt. Von Berlin ging es zuerst nach London und von dort dann direkt nach Manchester. Eigentlich hatte ich ja erwartet, dass meine Füße nach dem Aufenthalt in Heathrow doch etwas schmerzen würden, weil die Wege so weit sind, aber ich hatte das Glück, dass mein Gate nur knappe hundert Meter von der Wartehalle entfernt war.
Auch mit dem Innenlandsflug war ich sehr gut bedient. Der Flieger war nicht ausgebucht, sodass ich am Fenster sitzen konnte und tatsächlich noch neben mir ein Platz frei war.
In Manchester erwartete meine Gastmum mit ihren beiden Töchtern und einem selbst gebastelten Plakat bereits die beiden Koffer, meine Gitarre und mich am Flughafen. Nach einer wirklich herzlichen Umarmung und der Begrüßung der Kinder, fuhren wir als erstes nicht etwa nach Hause, sondern in ein doch etwas riesiges Kaufhaus, um noch die restlichen Teile für die Schuluniform der Kinder und ein Bettbezug für mich zu besorgen. Ich trage übrigens seit diesem Zeitpunkt als erstes von fünf anderen Au Pairs die Ehre für das Einsteigen auf der richtigen Seite, so meine Mum ;)
Als wir schließlich doch noch in meiner zukünftigen Heimat ankamen, war ich zugegebenermaßen ein wenig schockiert, da a) das englische Klischee mehr als bestätigt wurde, weil es Hunde und Katzen regnete und wir b) durch die Hintertür in das Haus kamen. Ich kann meine Gustmum ja wirklich verstehen, warum sie Gartenarbeit nicht leiden kann, aber der etwas verkommene erste Eindruck brachte mein Herz dann doch ein wenig zum Schlagen. Von wegen englischer Rasen- pure Wildnis, sag ich euch. Aber dafür hat sich die folgende Besichtigung des Hauses gelohnt und meinen Puls wieder lebensfähig gemacht. Sehr englisch, nicht gut isoliert (kaaaaaaalt, aber dazu später sicher irgendwann mehr), schmal und hoch- ich wusste ja, was in etwa auf mich zukommen wird, dementsprechend fand ich den Ort sofort sympathisch.
Während ich Zeit bekam um meinen Koffer auspacken zu können, ging meine Mum mit den beiden Kindern zum Schwimmtraining. Auch wenn ich absolut kein Dekorationsmensch bin, mussten als erstes ein Dutzend Bilder eine Tesafilmsession über sich ergehen lassen, mit dem beeindruckendem Ergebnis eines Kleiderschrankbilderbuches.
Wie auch angekündigt, fing irgendwann eine unbekannte Gestalt an durch die Flure zu huschen und Dinge im Haus zu verbreiten- die Oma war extra aus London angereist, um mich ein paar Tage einzuarbeiten, was die ganze Sache wirklich erheblich erleichtert hat.
Bevor die Kinder ihren Schwimmunterricht hatten, wollte mir V. (die Mum) noch eine kleine Stadtführung durch Marple geben. Der Ort ist ein wenig größer als mein „Heimatdorf“, es gibt eine relativ große Bibliothek, Sportplätze, mehrere Schulen, ein College, eine kleine Fußgängerzone mit ein paar süßen Läden, einige wenige Pubs, einen großen Supermarkt, Tankstelle, Schwimmhalle und Fitnessstudio, mindestens drei Kirchen und sicher noch einiges mehr, was ich bis jetzt noch nicht erkundet habe. Als wir in der zentralen Einkaufsstraße (liebevoll betitelt als the big citycenter) waren, fing es leider so an zu schütten, dass ich mein erstes Geld in einen wunderschönen Regenschirm investieren durfte. Bestätigung des englischen Klischees: Habe wirklich immer, immer, immer Regensachen dabei, selbst wenn die Sonne scheint!
Was wir am Abend noch besprochen haben, weiß ich gar nicht mehr so genau, ich kann mich nur noch dran erinnern, dass es Nudeln mit einer Gemüsesoße gab und ich am Nächsten morgen erst einmal „freigestellt“ wurde, um auszuschlafen. Tatsächlich fiel ich nur noch todmüde ins Bett, nicht aber ohne mir dennoch einen Wecker zu stellen, denn ich wollte meine Gastfamilie nicht schon am ersten Tag mit meinen Langschläferfähigkeiten konfrontieren :) .
Marple - bis jetzt tatsächlich das einzige Bild, welches ich habe
2. September:
Das erste mal in dem Bett aufwachen, welches man nun für 365 Tage sein eigen nennen wird, ist schon echt merkwürdig, aber ich muss sagen, dass zumindest dieses Schlafutensil in keiner Weise mit meinem Alten konkurrieren kann. Weich, hoch und gemütlich- der perfekte Rückzugsort ist es definitiv. Hätte ich mir keinen Wecker gestellt, wäre mein aktueller Schlafrekord bestimmt gebrochen worden, aber ganz vorbildlich stand ich dann trotz allem um 9 Uhr morgens auf.
Der zweite September war der letzte Ferientag der Kinder, was für uns bedeutete, dass heute noch keine Organisation, sonder Kinderbelustigung auf dem Plan stand.
So lief ich das erste mal mit meinen beiden Kleinen und der Granny zum örtlichen Bahnhof, welcher in etwa 7 Minuten zu Fuß zu erreichen ist, und von dort nahmen wir dann einen Zug nach Manchester. Allerdings kam bei mir doch große Verwunderung auf, warum sich die Menschen in der Personenbeförderung hier an Museumsmaterial bedienten- der Zug stand jedenfalls definitiv schon mal in einer Glashalle und modern befindet sich ungefähr auf der gegenüberliegenden Seite der Weltkugel. Aber so lange der Zug fährt und nicht auseinanderfällt, soll mir das erst mal egal sein.
Den Ausgleich für unseren historischen Zug brachte dann aber a) der wirklich schöne Bahnhof und b) die Tatsache, dass ich feststellte, dass es in Manchester freie Metroshuttels, also Busse, und eine kostenlose U-Bahn-Verbindung zwischen den zwei Hauptbahnhöfen gibt. Mit einem – natürlich mit kostenlosem WLAN ausgestatteten Bus – begab sich unser Vierergespann zum Museum of Science and Industry um dort die Talking-Toilette zu bestaunen. Die Kinder waren so begeistert von dieser besagten Attraktion, dass sie schon den ganzen Tag davon erzählt hatten und meine Erwartungen dementsprechend hoch waren. Aber mehr als aufzuzählen, welche Dinge man doch bitte nicht in den Abfluss schmeißen sollte, konnte diese Toilette auch nicht. Immerhin waren die Kinder so gut beschäftigt!
Da wir dann alle irgendwann doch einen leichten Mittagshunger verspürten und leider die Bushaltestelle nicht fanden, machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Picadilly Garden, dem Zentrum von Manchester, um dort etwas zu essen. Es gab ziemlich gute und teure Pizza mit karamellisierter Tomatensoße, Salat, Zwiebeln und Weichkäse – richtig üppig!
Weil meine Gastkinder ziemliche Leseratten sind, konnten wir sie mit einem Besuch in der Zentralbibliothek mehr als glücklich machen. So verbrachten wir unsere Mittagspause lesend, bzw. dösend (Koffeinentzug pur, das habe ich mir fest vorgenommen) in einer riesigen Bibliothek und anschließend wurde von allen Beteiligten beschlossen, sich auf den Rückweg zu machen.
Mehr als ein Skypedate mit meinen Eltern und meinem liebsten London-Au Pair gibt es glaube ich für diesen Tag auch nicht zu erwähnen. Vielleicht den Fakt, dass ich meine Dusche ein bisschen lieben gelernt habe, denn die ist ziemlich groß und hat einen deutschen Wasserhahn, was hier wirklich selten ist.
3. September
Tag der Organisation. Nach einer irreführenden Schulwegwanderung mit den Kindern am morgen (links, rechts, links, rechts, schräg, rechts- oh je, und es gibt mindestens 10 Alternativen), blieb ich mit der Oma noch ein wenig in der Stadt, um einige Dinge zu erledigen. In dem Postoffice musste ich ein paar wunderschöne Passbilder von mir machen lassen, da ich die für die beantragte Railcard (so kann ich mit jeder Zugfahrt einfach ein Drittel des gesamten Fahrpreises einsparen) eines dieser Bilder benötigte. Der anschließende Termin in der Bank war leider nicht sonderlich von Erfolg gekrönt, ein Bankaccount habe ich bis heute (14.09.2015) noch nicht. Das liegt vor allem daran, dass man für die Eröffnung eine Personalnummer baucht, die man nur erhält, wenn man in der UK arbeitet und Steuern bezahlt- da ich aber nur „Taschengeld“ bekomme, wird uns die Prozedur ein wenig erschwert. Aber es funktioniert auf jeden Fall- andere Au Pairs können ja auch online auf ihr Vermögen (jaja… zum Sparen kommt man hier wirklich …- nicht!) zugreifen.
Da V sich an diesem Tag dazu bereit erklärt hatte, die Kinder am Nachmittag von der Schule abzuholen, konnten die Granny und ich noch nach Manchester fahren, um die verschiedensten Sprachschulen abzuklappern. Das war auch eine Arbeit- während ich ganz geduldig gar nichts machte, hat meine Organisationspartnerin bestimmt 1,5 Stunden jede einzelne Sprachschule in Manchester kontaktiert, um erst mal herauszufinden, welche für mich überhaupt in Frage kommen würden.  Am Ende sind 4 übrig geblieben, in zwei von ihnen durfte ich dann einen Sprachtest machen, damit sie mich mit meinem Englischniveau in eine richtige Klasse einordnen können. Mit dem Ergebnis wurde dann auch allerdings weithin bestätigt, dass man vielleicht doch im Englischunterricht englisch lernen sollte, anstatt Toast zu toasten (tatsächlich, so etwas wurde uns in der Oberstufe gelehrt)- meine Grammatik ist leider nicht mehr wirklich existent. Entschieden haben wir uns dann schließlich für die erste Sprachschule Britannia, an denen ich nun an zwei Tagen in der Woche meine Sprachkenntnisse auffrischen darf.
4. Die ersten Tage - Zeitraffer
Ich weiß es selber- die Zeit hatte wieder einmal das Bedürfnis weit vor mir herzujoggen, und da ich ein ziemlich schlechter Läufer bin, ist sie irgendwann aus meinem Sichtfeld geraten. Mittlerweile ich der 14. September, ich bin seit zwei Wochen hier und ich weiß leider nicht mehr ganz genau, was ich jeden einzelnen Tag gemacht habe. Da das aber wahrscheinlich auch sehr einschläfernd wäre, möchte ich einfach so kurz wie es mir nur möglich ist, die wichtigsten Ereignisse meiner ersten beiden Wochen zusammenfassen, bzw. aufzählen.
Es gab einfach so viele neue Eindrücke, dass ich beim besten Willen keinen Platz gefunden habe, um all das irgendwo aufzuschreiben. Wenn aber hoffentlich bald die Routine einkehrt, werde ich mich anstrengen öfter wieder zu schreiben, weil mir das persönlich auch einfach gut tut und ich auch ziemlich viele Ideen habe.
Jetzt aber weiter im Text!- Was ist noch erwähnenswertes passiert?

1.)    Ich habe Anna kennengelernt. Den Kontakt hatte ich schon von dem vorherigen Au Pair meiner Familie- Anna ist seit April hier und ist dementsprechend schon ein bisschen sicherer im Umgang mit allem. Ich durfte sie am ersten Samstag gleich besuchen und es ist echt toll, wenn man sich mit Menschen, die man noch nie zuvor gesehen hat, sofort versteht, und Spaß haben kann. Für mich war es auf jeden Fall eine gewisse Erleichterung, denn nach vier Tagen nur englisch ist es auch echt schön, wieder in seine Muttersprache zurückverfallen zu können.  Anna ist auch ein Au Pair, welches bei einer afrikanischen Familie lebt. Diese hatte kurz zuvor ein Baby bekommen, und an diesem Samstag war die „Baby-Party“, zu der mich Anna eingeladen hatte. Zusammen haben wir einen großen Saal mit allerlei rosanem Babyzeugs dekoriert und vorbereitet, Luftballons aufgeblasen und sind an dem Klebeband verzweifelt, was aber in Anbetracht der Gemeinschaft kein Problem gewesen ist. Die Feier war dann schon wirklich besonders: Viele farbige Menschen, Gebete, Lieder, richtig gutes Essen, ein Priester (wir wissen leider nicht, ob es eine Taufe war, aber irgendwas rituelles wurde auf jeden Fall „durchgeführt“), ein DJ, Tanz und gute Stimmung- das habe ich so noch nie erlebt. Anna erzählte mir auch, dass die Familie wohl in eine freie Gemeinde in Manchester geht- da hab ich sie gleich mal dazu verpflichtet, mich das nächste Mal mitzunehmen.
Nach der Feier sind wir dann noch nach Manchester gefahren, um wieder ein bisschen in die britische Welt einzutauchen. In einem Pub einfach nur ein bisschen zu Plaudern ist wirklich eine schöne Tradition.
Ansonsten gibt man als Au Pair wirklich einen recht hohen Betrag nur für Essen aus. Es ist ja nicht so, als ob jeder von seiner Familie mit ausreichend Essen versorgt würde- nein, man trifft sich, um Essen zu gehen. Egal ob Kaffe, Pizzeria oder Burgerladen- sein Geld wird man überall los. So haben Anna und ich dann auch noch ein weiteres Au Pair – Sabine aus Österreich – kennengelernt. Natürlich in einem nicht gerade günstigem Starbucks, aber es ist trotzdem toll, sich mit anderen Menschen austauschen zu können.
Mit Anna war ich dieses Wochenende auch das erste mal in einem englischen Kino (Me and Earl and the Dying Girl) und habe mit ihr einen missglückten Versuch einer Wanderung unternommen. Am Sonntag war hier so wunderschönes Wetter (was wirklich äußerst selten vorkommt), dass wir in den Nahe gelegenen Peak District Wandern fahren wollten. Die Route sollte von Castleton starten- im Zug kauften wir unser Ticket. Als wir dann aber an unserem „Ziel“ ankamen, fehlte uns zunächst die Orientierung. Hoffnungsvoll suchten wir einen Pub auf, um dort ein paar Einheimische nach dem Weg zu fragen. Man begegnete uns mit Gelächter. „Castleton im Peak District? Da seid ihr falsch- müsst wieder zurück!“; es gibt eindeutig zu viele identische Städtenamen hier in der Umgebung!  Aber wenigstens wissen wir nun für nächste Woche, in welche Richtung wir dann fahren müssen. 
Die Babyparty- oder der Raum der Babyparty mit unserer Dekoration

2.)    Das Gefühl wirklich aus freien Stücken in eine Schule zu gehen. Die Sprachschule ist schon eine wirklich merkwürdige Sache- einerseits ist es echt gut, dass ich diese „Abwechslung“ zwei Mal in der Woche habe, und es ist natürlich auch eine ziemliche Bereicherung für meine nicht existenten Grammatikkenntnisse. Aber andererseits wäre es vielleicht auch von Vorteil gewesen, den Eignungstest ein bisschen besser zu absolvieren, denn eben wegen meiner Strukturfehler bin ich jetzt in einer Klasse, die zwar einigermaßen die Sprachregeln beherrscht, aber sich nicht so richtig artikulieren kann. Meine Mitschüler sind auch alle deutlich älter als ich, kommen zum großen Teil aus Spanien und Italien und sind auf der Suche nach Arbeit, um auch für eine längere Zeit dort zu bleiben. Also nicht so wirklich meine Wellenlänge, aber ich bin dennoch froh, dass ich mich für die Schule entschieden habe, da ich ansonsten doch ganz schön oft alleine wäre, und jetzt außerdem noch ein neues Au Pair zusätzlich in meine Klasse gekommen ist. 
3.)    Handyverträge und Bankkonten sind nicht meine Freunde. Ein Bankkonto habe ich bis heute noch nicht- mein Taschengeld wird mir jede Woche bar ausgezahlt. Das ist auch für den Moment okay, aber ich glaube, mir wäre es doch recht unangenehm, wenn meine Gasteltern den Zahltag vergessen würden, und ich sie darauf hinweisen müsste. Zum Glück unterstützen mich hier alle ganz lieb und sind um Verträge, aber auch meine Freizeitbeschäftigung sehr bemüht.
Das gleiche Dilemma hatte ich mit meinem neuen Handyvertrag. Als erstes bekam mein Telefonapparat einen festen Betrag von 15 Pfund, der aber schon am Ende der Woche aufgebraucht war, und das kann ich finanziell beim besten Willen nicht alleine stemmen.
Mittlerweile haben wir aber auf einen normalen Vertrag umgeschwenkt, sodass ich jetzt hoffentlich wieder auch von unterwegs am Handy hängen kann… Eigentlich gar nicht gut!
4.)  Die britische Post. Da ich mein ganzes Leben nicht in einen Koffer packen konnte, musste ein Zweiter mit der Post aufgegeben werden- das Gesicht der Dame am Schalter in Deutschland werde ich nie vergessen, als wir den 31 kg schweren Koffer auf die Waage heben durften :D . Sie war jedoch der festen Überzeugung, dass mein Gepäckstück spätestens in 4 Tagen in England sein müsste – nach 1,5 Wochen hatte ich dann leichte Panik bekommen. Die Post nach England ist wirklich relativ günstig (für den Koffer haben wir 40 Euro bezahlt), aber wie ich mein Gepäck am Ende des Jahres wieder nach Deutschland bekommen soll, bleibt mir ein Rätsel. Da ist es wahrscheinlich günstiger sich seinen ganzen Hausrat noch einmal neu zu kaufen- Post (so wie eigentlich auch alles andere) ist hier unmenschlich teuer. 

So, das muss jetzt erst einmal reichen, sonst kommt der Post nie online. Ich hoffe, dass ich in der nächsten Zeit meine Kamera mal herausholen kann, und das dann auch endlich mal ein paar vernünftige Fotos und Videos zum Vorschein kommen.
So viel aber erst einmal zu einem aktuellen Update- Greetings! …